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Epigenetik & Mikrobiom Darm

Eine nährstoffreiche Ernährung ist für die Selbstheilungskraft des Körpers wesentlich ausschlaggebender, als bislang angenommen. Darauf verweist die Epigenetik. Sie sagt: „Unsere Gene sind nicht unser Schicksal!“ Es gibt also einen Handlungsspielraum in der Therapie von chronischen Krankheiten. Doch dazu muss das Mikrobiom Darm mitspielen.

 

Epigenetik – der Fachbereich aus der Biologie erforscht, auf welche Art und Weise die DNA neue Informationen erhält und wie sich das auf unsere Gene auswirkt. Die Epigenetik hat erkannt, dass die Lebensweise eines Menschen Einfluss auf die Aktivität oder Passivität seiner Gene hat. Gene steuern nicht nur, sie werden auch gesteuert – durch äußere Einflüsse wie die Art der Ernährung und dem Ausmaß von körperlichem und seelischem Stress.

 

Diese sogenannten „epigenetischen Prozesse“ finden der Wissenschaft zufolge zu jeder Zeit im Leben eines Menschen statt: Im Mutterleib wie im Erwachsenenalter. Epigenetische Veränderungen können auch vererbt werden. Der Lebenswandel eines Menschen hat damit Einfluss auf die Gesundheit seiner Nachkommen.

Gene und Zellinformation

In den Genen eines Menschen befindet sich die gesamte Erbinformation. Dennoch entstehen daraus unterschiedliche Körperzellen wie: Hautzellen, Leberzellen, Muskelzellen. Der Grund: Die Zelle liest nur die Information ab, die für ihre Funktion erforderlich ist. Wäre die DNA ein Lexikon, dann würde die Hautzelle nur unter Haut nachschlagen und die Muskelzelle nur unter Muskel.

 

Damit sich eine Zelle im Sinne der Selbstheilungskraft regenerieren kann, ist sie darauf angewiesen, ihre Information zu bekommen. Nur dann ist Heilung bzw. Regeneration möglich. Die Epigenetiker sagen jedoch: Ob die Erbinformation gelesen werden kann oder nicht, hängt wesentlich von der Ernährungs- und Lebensweise eines Menschen ab. Eine nährstoffarme Ernährung, Lebensmittelzusatzstoffe, Gifte wie Schwermetalle oder Pestizide, zu viel Stress und mangelnde Bewegung – all dies kann das „Ablesen“ der Erbinformation stören. Das bedeutet, die Zelle kann nicht die „Reset“-Taste drücken. Mit der Folge, dass die Selbstheilungskraft des Körpers empfindlich gestört ist.

Alter Wein in neuen Schläuchen?

Neu ist das nicht, dass eine gesunde Ernährung und Lebensweise die Selbstheilungskraft des Menschen stärken kann. Ganzheitliche Therapeuten empfehlen ihren Patienten von jeher, dass sie mit einer ausgewogenen Lebensweise viel für ihre gesundheitliche Stabilität tun können. Neu ist jedoch, wie stark diese Auswirkungen sind. Es multipliziert die Verantwortung, die jeder für sich selbst hat. Und gleichzeitig eröffnet diese Erkenntnis dem Therapeuten und Patienten deutlich mehr Handlungsspielraum. Ein beeindruckendes Beispiel dafür sind die Erfahrungen von Dr. Maya Shetreat-Klein.

 

Die Neurologin aus den USA behandelt vorrangig Kinder und beschreibt in ihrem Buch „Darm heilt Hirn heilt Körper“,  wie sie eine Vielzahl an Symptomen Stück für Stück lösen kann, indem sie dafür sorgt, dass die Kinder eine nährstoffreiche Ernährung erhalten und das Darmmilieu aufgebaut wird.

 

Zu den Gesundheitsstörungen, die sie auf diese Art sehr erfolgreich behandeln kann, gehören keine geringeren als: ADHS, Allergien, Asthma, Kopfschmerzen, Neurodermitis, Reflux sowie Ängste, Depressionen, Reizbarkeit, Unruhe, Schlafstörungen bis hin zu starken Gewichtsschwankungen.

 

Nun ist der deutschsprachige Raum nicht die USA: Die Amerikaner machen fünf Prozent Anteil an der Weltbevölkerung aus, doch ihr Konsum an verschreibungspflichtigen Medikamenten liegt bei 75 Prozent. Dies sind andere Verhältnisse als bei uns. Die Hemmschwelle, Medikamente zu konsumieren, ist in den USA derart niedrig, dass selbst Kindern ab sechs Jahren Pharmazeutika verordnet werden und zwar mehrere gleichzeitig: Ein Amphetamin gegen Konzentrationsstörungen, das allerdings Schlafstörungen hervorruft. Dagegen gibt es ein Antidepressivum. Und dann gibt es noch etwas gegen Depressionen (Quelle: „Darm heilt Hirn heilt Körper“).

 

Womit sich in den USA schon die Kinder herumplagen müssen, haben bei uns „nur“ die Erwachsenen. Der Pro-Kopf-Verbrauch an Arzneimitteln ist besonders ab dem Renteneintrittsalter sehr hoch. Senioren nehmen häufig mehrere Medikamente gleichzeitig, was natürlich zu Wechselwirkungen führen kann. Sogar der Verband der forschenden Arzneimittelhersteller warnt: „Zwar wirken Medikamente bei Senioren nicht grundsätzlich anders als bei Patienten mittleren Alters. Ältere Patienten haben aber oft eine eingeschränkte Nieren- oder Leberfunktion, was bei vielen Präparaten bei der Dosierung berücksichtigt werden muss.“

Selbstheilungskräfte in Gefahr

Das Problem an dieser modernen Art mit Gesundheitsstörungen umzugehen, ist ja bekanntlich, dass es die Ursachen nicht löst, sondern die Symptome sogar noch verschlimmern kann. Das muss man einem Ganzheitsmediziner nicht sagen, doch vielleicht den Patienten. Shetreat-Klein ist darauf geeicht, einfache Erklärungen für komplexe Zusammenhänge zu finden. Nur so erreicht sie die Eltern, die das gesundheitliche Schicksal ihrer Kinder ja lenken. Genauso wie Therapeuten das gesundheitliche Schicksal ihrer Patienten lenken können. So erklärt die Neurologin: „Nahrung, Infektionen, Gifte und sogar Emotionen verändern die Funktionsweise unserer DNA. (…) Der Kontakt zu natürlichen und künstlichen Chemikalien kann zu epigenetischen Veränderungen führen. (…) Jeder Kontakt mit der Außenwelt kann unsere Gene jederzeit an- oder abschalten. (…) Chemikalien, Mikroben und Nährstoffe, die wir – zumeist über unser Essen – dem Körper zuführen, können Signale aussenden, welchen Instruktionen unsere Zellen folgen sollen.“ Dabei beschreibt sie die DNA wie eine Bedienungsanleitung für den Körper, in der die Zellen lesen und sagt: „Es ist, als hätte jemand Post-it-Zettel auf ein paar Seiten der Bedienungsanleitung geklebt, während andere nie zur Kenntnis genommen werden.“

 

 

Mit anderen Worten: Eine Ernährungs- und Lebensweise, die unsere Selbstheilungskräfte stärkt, weil sie zum Beispiel nährstoffreich ist und auf Gifte soweit als möglich verzichtet, kann gemäss Shetreat-Klein weitreichende Folgen haben. Sie sagt, selbst bei einer genetischen Veranlagung für Krebs, psychische Krankheiten oder Fettleibigkeit, muss dieser Teil der DNA nicht zum Ausbruch kommen. Mehrere Experten berichten, dass ständig Veränderungen stattfinden und Gene an- und abgeschalten werden. Der Neurologin zufolge würde das jedoch von den Nährstoffen abhängen. So würde das Coenzym Q10 und andere Vitalstoffe zu bestimmten Zeiten gewisse Bereiche der DNA als wichtig „markieren“.

Nährstoffe im Mikrobiom Darm

Eine abwechslungsreiche Ernährung mit frischen, unbehandelten, nährstoffreichen Zutaten ist also elementar für den Regenerations- und Gesundungsprozess – insbesondere, wenn ungünstige genetische Veranlagungen (siehe unsere Vorfahren) bestehen. Da weiß der Ganzheitsmediziner jetzt allerdings etwas, was dem Patienten vielleicht nicht so klar ist: Nährstoffe können nur aufgenommen werden, wenn die Darmflora in Ordnung ist.

 

Bei Patienten, die sich ungesund ernähren, kann man davon ausgehen, dass die Besiedelung ihrer Darmschleimhaut nicht ausreicht, um Nährstoffe überhaupt aufzunehmen. So berichtet Spektrum der Wissenschaft in seiner Publikation über das Mikrobiom-Darm: „Als gesichert gilt, dass die Art der Ernäh­rung die Zusammensetzung des Mikrobi­oms bestimmt. Wer sich etwa hauptsäch­lich von stark verarbeiteten Produkten er­nährt, hat eine geringere Bakterienvielfalt als derjenige, der meist selbst kocht und häufig zu Obst und Gemüse greift.“

 

 

Dabei reicht nach Meinung von Dr. Shetreat-Klein häufig schon eine ballaststoffreiche Ernährung, um innerhalb weniger Tage eine Umstimmung in der Darmflora zu bewirken. Die EFSA (Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit) empfiehlt täglich 25 g Ballaststoffe zu verzehren. Bei Glutenunverträglichkeit kann dafür auch zu einem ballaststoffreichen Shake gegriffen werden. Ein guter Besen für den Darm ist sicher ein Mix aus löslichen und unlöslichen Ballaststoffen. Vielleicht sogar mit Kieselerde und dem Vitamin B-Komplex, dann wird die Darmschleimhaut auch gleich gestärkt.

Darm – Lebenslenker

Mit der Bakterienvielfalt im Darm geht für uns Menschen der Daumen nach oben oder nach unten in Gesundheitsfragen, doch auch was die mentale Stärke angeht. Der Neurogastroenterologe Peter Holzer vom Institut für Experimentelle und Klinische Pharmakologie der Medizinischen Universität Graz betont, dass sich die Ernährungsweise nicht nur auf die Bakterienvielfalt und das Körpergewicht auswirkt sondern auch auf die Stimmung eines Menschen, sein Verhalten und sogar sein Denkvermögen!

 

 

Den aufmerksamen Leser wundert das nicht: Schon länger wissen wir, dass mehr Nervenstränge vom Darm zum Hirn verlaufen als umgekehrt, was unter anderem dazu führt, dass Depressionen in Verbindung mit der Darmflora gebracht werden. Holzer beschäftigt sich intensiv mit dem Informationsfluss, der vom Darm zum Gehirn führt. Seinen Erkenntnissen zufolge kommunizieren nicht nur Nerven, sondern Hormone, Immunzellen und sogar die Mikroorganismen des Verdauungstraktes senden Botschaften „nach oben“. Das zumindest legen Studien an Mäusen nahe. Offenbar kann das Mikrobiom Darm tausende verschiedene biologisch aktive Substanzen herstellen wie: GABA, Dopamin, Serotonin, Noradrenalin und Acetylcholin. Das deutet darauf hin, dass die Darmflora nicht nur an Depressionen beteiligt ist sondern auch an Ängsten. Wenn dem so ist, heißt das: Unsere Ernährung entscheidet nicht nur maßgeblich darüber, ob wir krank werden oder nicht, sondern ob wir im Vollbesitz unserer geistigen Kräfte sind.

Reset durch Entgiftung

Wie eingangs erwähnt, ist der negative Aspekt von vorgefertigten Lebensmitteln nicht nur die fehlende Frische und Ursprünglichkeit sondern die Lebensmittelzusatzstoffe. Sie sind als Gifte zu verstehen, die ausgeleitet werden müssen. Weitere Gifte können über Hygienemittel in den Körper gelangen oder durch den Gebrauch von Produkten des alltäglichen Lebens.

 

Wahre Gesundheitsstörer sind Schwermetalle. Am bekanntesten ist die Vergiftung mit Quecksilber. Es kommt nicht nur in Amalgam sondern in Batterien, Antipilzmitteln und Desinfektionsmitteln vor. Über die Verunreinigung der Umwelt kann es in die Nahrungskette gelangen.

 

Eine Quecksilber-Belastung kann Organe schädigen wie Leber, Milz, Nieren und das Gehirn. Es wird nur langsam über die Nieren ausgeschieden. Symptome einer Vergiftung sind zum Beispiel: Kopfweh, Gliederschmerzen, Müdigkeit oder auch Zahnprobleme oder eine Nierenentzündung. Eine weitere Schädigung kann zu Muskelzuckungen, nervlichen Störungen oder Persönlichkeitsveränderungen führen.

 

Nicht zu unterschätzen ist eine Belastung mit Aluminium, das wie viele Metalle die Blut-Hirn-Schranke überwinden kann und sich im Gehirn anlagert. Eine Aluminium-Vergiftung steht im Verdacht, Alzheimer zu begünstigen. Leicht auszuleiten ist Aluminium nicht, doch mit Silicium, Apfelsäure und Magnesium scheint es möglich.

 

Eine ungesunde Ernährungs- und Lebensweise bringt allerdings auch ein Zuviel an Zucker, Salz und Transfettsäuren mit sich. All diese Risiken ließen sich allein schon mit der mediterranen Ernährung reduzieren. Darüber hinaus hilft es, mit speziellen Fettsäuren (unter anderem Omega-3) den Fettstoffwechsel anzukurbeln. Auch dies ist eine Form der Entgiftung des Körpers.

 

 

Die einfachste Detox-Methode ist natürlich die ausreichende Flüssigkeitszufuhr. 30 ml pro Körpergewicht sollten es schon sein. Bei der Wahl des Wassers gibt es unterschiedliche Ansichten und es ist ein Thema für sich.

Den Körper unterstützen

 „Probleme kann man niemals mit derselben Denkweise lösen, durch die sie entstanden sind“, sagte Albert Einstein. Im Bereich chronische Krankheiten könnte der Satz nicht treffender sein. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung plädiert seit Jahren für gesunde Ernährung zur Prävention von chronischen Erkrankungen. Die Epigenetik deutet nun an: Gesunde Ernährung kann das Schicksal sogar wenden. Jeder Patient verfügt über Handlungsspielraum. Er muss ihn nur zu nutzen wissen.

 

 

Dagmar Heib

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Artikel "Epigenetik & Mikrobiom Darm"
Dieser Artikel erschien im Dezember 2018 im "Naturheilkunde Journal". Sie können ihn sich hier herunterladen und ausdrucken.
Epigenetik und Mikrobiom Darm_Januar 201
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Autorin

Dagmar Heib ist seit 30 Jahren Gesundheitsredakteurin für Naturheilverfahren, Komplementär-medizin, Psychologie und Pädagogik. Seit 10 Jahren ist sie Online Marketing Managerin. In ihrer Webinar-Reihe "Marketing Zoom" bringt sie Heilpraktiker, Coaches und Soloselbständigen aus dem Bereich ganzheitliche Gesundheit jede Woche Marketing Wissen nahe - in überschaubaren Lerneinheiten. Es gibt über 20 Themen. Info: https://www.dagmar-heib-seo-health.de/

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